Goethe steht mit dem gesteigerten Bewusstsein und der vertieftesten Begründung auf dem Boden undifferenzierter Einheitlichkeit, die der Ausgangspunkt aller geistigen Bewegungen gewesen ist. Kant akzentuiert die Zweiheit, in die diese auseinandergegangen ist; gegenüber jenem sozusagen paradiesischen Zustand hat bei ihm das scientes bonum er malum die äußerste Schärfe erlangt, die Einheit, die er gewinnt, trägt die Spuren der Entzweiung, die Nähte sind nicht völlig verwachsen.Vielleicht aber ist es irrig, nach einem stabilen Gleichgewicht beider zu suchen; vielleicht ist es der eigentliche Rhythmus und Formel des modernen Lebens, dass die Grenzlinie zwischen der mechanistischen und der Goetheschen Auffassung der Welt - mag man sie metaphysisch, künstlerisch oder vitalistisch nennen- in fortwährender Verschiebung bleibe, so dass ihnen, der Wechsel ihrer Ansprüche die Bewegung zwischen auf das Einzelne, die Entwicklung ihrer Gegenwirkungen ins Unendliche dem Leben den Reiz gewährt, den wir von der unauffindbaren definitiven Entscheidung zwischen ihnen erhofften.